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Multitasking – Gibts das überhaupt?

„Frauen sind Männern überlegen, weil sie Multitasking können.“
So hypte man vor nicht allzu langer Zeit noch eine Erkenntnis der Wissenschaft.
Doch ist das wirklich so? Und ist es überhaupt erstrebenswert dies zu können?

Grundsätzlich ist jeder Mensch – ob Mann, Frau oder Divers – dazu in der Lage mehrere Dinge „gleichzeitig“ zu tun. Hierzu befähigt uns unser Unterbewusstsein. Wenn wir eine Sache schon oft getan haben, dann haben wir unterbewusste Programme geschaffen, die wir abrufen können ohne unser Bewusstsein darauf zu lenken. So können wir eine Treppe besteigen und gleichzeitig die Kaffeetasse tragen, ohne dabei den Inhalt auf unsere Designersneaker zu verschütten. Zumindest die meisten von uns. Je komplexer die Tätigkeiten sind, umso eher müssen wir uns ganz bewusst damit beschäftigen. Versuche doch mal deinen Gürtel anders herum in die Hose zu fädeln und dann zu schließen. Oder für die Damen, trag doch mal das Hemd des Freundes, bei dem die Knöpfe auf der anderen Seite sind als bei der Bluse.

Unser Unterbewusstsein nimmt uns viele der Dinge ab, die wir immer wieder tun. Darauf ist es spezialisiert. Unser Bewusstsein ist im Hier und Jetzt und kann sich immer nur auf eine Sache konzentrieren. Das liegt auch daran, dass es von Natur aus viel langsamer ist, als das Unterbewusstsein. Nicht langsamer in der Reaktion, aber langsamer in der Datenmenge. Vergliche man unsere Rechenleistung mit der Bandbreite unseres mobilen Internets, läge unser Bewusstsein, mit 40kb/s-1Mb/s, zwischen GPRS und Edge und wir wissen alle, dass man damit kaum über Texting hinauskommt.

Wenn wir also mehr als ein Ding tun, das unserer Aufmerksamkeit bedarf, also unser Bewusstsein braucht, müssen wir zunächst die erste Sache „aus dem Kopf bekommen“, um dann die zweite Sache zu machen. In Computerterms gesprochen: „Zeitscheiben vergeben“, die Nacheinander in der Reihenfolge der Priorität immer abwechselnd, oder im Kreis herum, bearbeitet werden. Leider ist unser Gehirn nicht so effizient beim Multitasking, wie ein Computer. Der Computer merkt sich einfach wo er war und arbeitet, sobald der entsprechende Task wieder Prozessorzeit bekommt, einfach genau an der Stelle weiter, an der er aufgehört hat. Bei uns dauert es manchmal Minuten, bis man wieder voll im Thema ist um auch konzentriert an diesem weiterarbeiten zu können. Unter Multitasking ist unser Gehirn im Dauerstress.

0,8 Promille

Forscher der Universität in Utah untersuchten, wie sich Multitasking auf unsere Aufmerksamkeit auswirkt. Sie ließen Probanden im Fahrsimulator Auto fahren und gleichzeitig telefonieren. Kommt das jemandem bekannt vor? Wer nutzt nicht die Fahrt zum nächsten Kunden, um noch ein paar Telefonate oder gar Telkos zu machen? Das Ergebnis war, dass die Leistungsfähigkeit der Probanden um bis zu 40 Prozent sank und sich gleichzeitig die Stresswerte erheblich steigerten. Sie waren mit ihrem fahrerischen Können ähnlich schlecht, wie Fahrer unter 0,8 Promille Alkoholeinfluss.

Work in Progress reduzieren

Was bedeutet das nun für Dich und Dein Team? Reduziere die Arbeitsaufträge im Doing (oder auch Work in Progress) auf ein sinnvolles Maß. Lieber zuerst ein Thema fertig machen, als ständig hin und her zu springen.
Auch ständige Erreichbarkeit am Telefon, Mail oder Slack sind schlecht für die Produktivität und damit schlecht für den Kunden.

Schließlich wollen wir dem Kunden doch möglichst schnell ein funktionierendes Produkt liefern und nichts gefällt Kunden weniger, als auf eine Bestellung zu warten, oder? „Wie, meine Bestellung im Onlineshop xyz dauert drei Tage bis sie hier ist. Wie soll ich nur so lange überleben???“

Das folgende, zugegebenerweise sehr vereinfachte Beispiel zeigt den Zusammenhang von Work in Progress (WiP) auf die Outputrate. Fünf Kunden bestellen ein Produkt und möchten dieses in der vereinbarten Lieferzeit von 5 Tagen geliefert bekommen.

Ein Produkt benötigt 1 Tag zur Herstellung:

Nach Littles Gesetz:

WiP = Durchsatz * (Durchsatzzeit pro Teil)

ergibt sich eine WiP = 5 Produkte * 1Tag/Produkt = 5

 

Variante 1 Multitasking:

Jeden Tag wird ein Fünftel der fünf Produkte gefertigt. Hierbei wurde allerdings nicht betrachtet, inwiefern sich das oben beschriebene Wechseln der Tasks auf die Produktionszeiten auswirkt. Nehmen wir einfach an, es wird mit der Ersparnis kompensiert, dass weniger umgerüstet werden muss, weil 5 gleichartige Arbeiten an diesem Tag verrichtet werden.
Fazit
Output sind 5 Produkte nach 5 Tagen. Alle Kunden bekommen ihr Produkt zum vereinbarten Termin. Gut gemacht.

Variante 2 Single Tasking:

Jeden Tag wird ein Teil komplett produziert. Es dauert ebenfalls 5 Tage, bis alle Bestellungen ausgeliefert sind.
Fazit
Auch hier ist der Output 5 Produkte nach 5 Tagen. Allerdings bekommt Kunde 1 bereits nach einem Tag sein bestelltes Produkt, Kunde 2 nach zwei Tagen… und Kunde 5 nach fünf Tagen.

Welche Variante macht die glücklicheren Kunden?

Es ist ein Scheideweg zwischen der Reduzierung des WiP und der Optimierung der Produktivität. Nur in der ganzheitlichen, systemischen Retrospektive kann die Wertschöpfungskette für maximale Performance und minimale Frustration optimiert werden.

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